Von Schimpff das 164.

[108] Eine zögt eim zwen Mülstein.


Uf einmal kam ein Edelman von seim Schloß zů eim andern Edelman uff sein Schloß als zů seim Geselen. Da bracht er im herfür und wolt von im gelobt werden, sein Kleinetter und seiner Hußfrawen Ring, da waren edel Gestein in, und was einer drühundert Guldin wert, der ander sechshundert Guldin. Und da er lang gloriert in den Steinen, da sprach der Edelman: ›Lieber, was Nutz bringen dir die Stein, wan sie lang da ligen?‹ Er sprach: ›Keinen Nutz.‹ Der Edelman sprach: ›So bin ich über dich; ich hab zwen edler Stein, die gewinnen mir alle Jar me dan drühundert Guldin.‹ Und kam der ander Edelman uff einmal zů im, die Stein zů besehen. Da fürt er in in sein Mül und zögt im die Mülstein und sprach: ›Von denen hab ich ein Jar so vil.‹[108]

Es gloriert mancher uß den edlen Gesteinen, wie kostlich sie seien. Sie sein eben als kostlich, als man sie achtet; sie haben grose Macht und Krafft, und wer im einen uff ein Aug truckt, es lieff Wasser heruß. Es spricht Franciscus Petrarcha, das sie grose Krafft haben, ja verstant die Ledlin und Secklin zů leren, daryn die reichen Lüt ire Guldin haben, in den Kisten, die zů leren. Wan mancher fünfftausent Guldin umb ein Stein gibt, er geb nit fünftausent Heller Got umb sein Himelreich armen Lüten.

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 108-109.
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